Small Soldiers

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Da es Krieg gibt, muss es auch Bilder, Erzählungen und Begriffe vom Krieg geben. Und zwar nicht nur in den Systemen Wissenschaft, hohe Kunst, Religion und Historie, sondern auch in der universaleren Sprache des Pop. Pop von popular culture, von populärer Mythologie, aber auch von Pop Art und Pop-Diskurs.

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Pop ist kein Code, sondern eine Methodik, Codes miteinander zu verbinden. Alles kann Pop werden, aber weder ist Pop alles noch ist alles Pop. Pop ist keine Kultur, sondern eine Methodik, Kulturen miteinander zu verbinden, wie zum Beispiel aristokratische und bürgerliche Kultur, bürgerliche Kultur und Volkskultur, Volkskultur und Industriekultur, weltliche und religiöse Kultur, schwarze und weiße Kultur, Subkultur und Mainstream. Die wesentlichen Kompositionsmerkmale der Pop-Kultur sind Serialität und Überraschung. In der Serialität entsteht eine mehr oder weniger verbindliche Ikonographie, so dass wir alle aus der Pop-Kultur wissen, wie etwas aussieht. Die Welt ist alles, was der Fall ist oder die Welt ist alles, was Pop ist. Zum Beispiel der Krieg.

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Das zweite Pop-Prinzip, das der Überraschung, sorgt nicht nur für die Dynamik auf dem Markt, sondern sorgt auch dafür, dass nichts verloren geht. Pop ist eine nichtlineare Form von Gedächtnis. Etwas, was heute verloren geht, taucht übermorgen an überraschender Stelle wieder auf. Und etwas, was in der Serialisierung entwertet worden ist, zu Langeweile und Überdruss, bekommt überraschenderweise durch die Verbindung mit etwas anderem wieder einen neuen Wert.

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Es scheint auf dem postindustriellen globalen Sinn-Markt ein Prinzip der Steigerung zu geben. Die Begriffe werden immer drastischer und vernutzen sich wieder, man kann das voll krass finden oder nicht, die Erzählungen können auf immer mehr Hilfskonstruktionen wie etwa „Moral von der Geschicht“, Happy Ending oder Sinnstiftung verzichten, um zur gleichen Zeit immer näher an die Empfindung des Subjekts zu gelangen. Und die Bilder können immer expliziter und das werden, was man „realistisch“ nennt. Was aber nichts anderes heisst als mehr direkte Sexualität, mehr körperliche Nähe und mehr und genauer gezeigte Gewalt. Im Reality TV zum Beispiel sind nur noch Rudimente einer narrativen Ordnung vorhanden, um so schnell als möglich an den puren Stoff zu gelangen: den sado-masochistischen fetischistischen Genuss des Körpers des anderen. Reality TV, egal ob Dschungel-Camp oder Jackass, simuliert eine Angstlust-Erfahrung des Krieges.

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Umgekehrt benötigt Pop nicht nur den Mythos, mal ist mehr Ödipus, mal mehr Sisyphus angesagt, sondern auch die Katastrophe. Pop benötigt den Krieg, um sich zu erhalten – im kapitalistischen Sinne des Wachstums. Denn Pop ist zugleich eine Ware und ein Negativ der Ware.
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Eine Ware, deren Gebrauchswertversprechen gleichbedeutend ist mit der eigenen Zerstörung. Pop ist nur als Bild des Kaputtmachens und als kaputtgemachtes Bild entwicklungsfähig.

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Kriegsbilder – Kaputtmachbilder

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Dieses Prinzip der Steigerung der sinnlichen Zumutung kommt offensichtlich in Wellen, einerseits der Abfolge von Hysterie und Langeweile folgend, andrerseits bestimmten Marktzyklen, etwa bei der Einführung neuer Technologien, Vermarktungsweisen und Kommunikationsformate.

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Wir haben es uns angewöhnt, in der Popkultur einen Organismus zu sehen, der unter anderem Symptome der Gesellschaft im Krieg oder unter den Bedingungen des Terrors produziert. Der harte amerikanische Horrorfilm der siebziger Jahre konnte nur als Symptom des Vietnamkrieges angesehen werden, der Katastrophenfilm konnte nur als Symptom der Wirtschafts- und Energiekrise angesehen werden. Die neuen Folterfilme a la „Hostel“ oder „Wolf Creek“ können nur als Symptome der Folter- und Bombenbilder aus dem Irak angesehen werden. Damals sprach die amerikanische Kritikerin Pauline Kael von einer Vietnamisierung des Films (was natürlich genau so für TV, Comics und Literatur gilt); und danach könnte man wohl von einer Balkanisierung, von einer Irakisierung, und demnächst von einer Libanisierung der Pop-Kultur sprechen.

FLIGHT OF THE INTRUDER

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Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die Popularisierung und Ikonographisierung der Kriegserfahrungen anscheinend sehr schnell ein. Die Gesellschaft befand sich gleichsam noch im realen Krieg (wenigstens in Korea) und schuf sich bereits eine gewaltige Fiktionsblase.

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Aber nicht nur als Bild und als Erzählung wurde dieser Krieg sehr schnell in die Gesellschaften eingeschrieben, die Codifizierung setzte tiefer ein. Die sinnfälligste Gleichung wurde etwa zwischen dem Atoll der Atombombe und dem zweiteiligen Badeanzug, dem Bikini, gezogen. Aber auch im Begriff der „Sexbombe“ steckt diese Analogie von Sexualität und Krieg. Schon bevor in Westdeutschland die Welle der Kriegsfilme eine Ikonographie für den guten Landser und den bösen Nazi im Weltkrieg schuf, zeigten hier Filme und Magazine die mehr oder weniger komischen erotischen Abenteuer beim Militär.

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Der Krieg als extreme Körpererfahrung

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Der Rock’n’Roll war zwar die Musik der rebellischen Jugendlichen. Aber nicht nur in den Bildern von Elvis Presley als G.I. in Deutschland wurde rasch wieder ein Pakt geschlossen, die Musik selber spiegelte zum ersten mal einen Grad von bewusster technologischer Aufrüstung. Und zum ersten mal erschien es hier und dort verdächtig, wie sehr sich die Handhabung eines Musikinstruments mit der Handhabung einer Waffe zur Deckung bringen ließ. Dreißig Jahre später wurde das mehr oder weniger ironisch verfeinert, indem man etwa Gitarren gleich die Form von Streitäxten oder Maschinenpistolen gab.

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Die Frage des Krieges an die Pop-Kultur ist also stets auch die nach dem Einsatz und dem Verhältnis zur Technologie. Der Hippie-Musiker verlegte sie in immer gewaltigere P.A.-Türme, die immer mehr an mittelalterliche Verteidigungsanlagen erinnerten (und übrigens später in den Endzeitfilmen nach MAD MAX und Konsorten auch als solche wieder auftauchten); erst bei Kraftwerk und dann bei David Bowie spielten Miniaturisierung und Virtualisierung eine bedeutende Rolle. Niemandem machte es aber etwas aus, den Sound von Love, Peace & Happiness-Bands martialisch, also kriegerisch zu nennen.

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Die Verhältnisse schienen dann beim Vietnamkrieg genau anders herum. Während ein Teil der Pop-Kultur sich mit dem Protest-Movement verbündete, und ein Teil der Reaktion offenbar auf die Herstellung der gewohnten Kriegsbilder bestand, schien der Mainstream blind gegenüber dem Geschehen zu sein. Außer John Waynes GREEN BERETS wurden keine Vietnamfilme gedreht, immerhin schaffte es „The Ballad of the Green Berets“ in die Hitparaden. Stattdessen aber häuften sich die Elemente in der Pop-Kultur, die als „Symptome“ gewertet wurden. Erst in den achtziger Jahren folgte eine regelrechte Welle der Vietnamfilme.

MISSING IN ACTION

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Die Welle der Vietnamkriegsfilme stand denn auch im Zeichen einer nationalen Versöhnung. Bei „Rambo II“ und den vielen Nachfolgern a la MISSING IN ACTION ging es auch um eine Art klammheimlicher Umdeutung der Niederlage zum wenigstens moralischen Sieg. Aber die eigentliche Aufgabe dieser Filme, bewusst oder nicht, bestand in etwas ganz anderem: nämlich darin, das Bild des Krieges radikal zu verändern, zu individualisieren und zu einer neuen Einheit von Körper und Maschine zu führen. Und zu einer verspäteten Synchronizität des Krieges: In der Dramaturgie der Vietnam-Action-Movies begann der Krieg mit einer absurden technologischen Distanz und endete mit einem Kampf Mann gegen Mann mit den gleichen Waffen.

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Ohne die Vietnamkriegsfilme wäre weder der Umbau der amerikanischen Armee noch der erste Irak-Krieg möglich gewesen. Der Soldat des Vietnamkrieges war der Sohn des Zweiten-Weltkriegs-Soldaten, der einen nationalen Pflicht-Krieg gegen das Böse führte. In den Vietnamkriegsfilmen zerfiel diese Armee der pflichtschudigen guten Amerikaner, die ihren Dienst für Land und Moral führen, im Herzen aber immer zivil und human bleiben. Und es entstand der entschlossene, gleichsam körperlich durch und durch militarisierte Einzelkämpfer, das neue Ideal des Soldaten als Killermaschine.

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Das Beispiel Rambo mag zeigen: Die Einschreibung bestimmter Kriegsbilder in die Ikonographie der Pop-Kultur dient nicht nur der Erinnerung, Bewertung, Verarbeitung, Rechtfertigung und Versöhnung mit einem vergangenen Krieg, sondern offensichtlich der Vorbereitung des nächsten.

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Der Krieg formt den Charakter, so oder so. Sonst könnte man von ihm nicht erzählen in der Form, in der wir nur erzählen können, in der Heldenreise, dem Bildungsroman, dem psychologischen Realismus.

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Heldenbilder – Spaßbilder

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Immer stand neben der Heroisierung des Opfers und der melodramatischen Versöhnung als Mittel der Bearbeitung auch etwas zur Verfügung, was man wahlweise als Satire oder als Zynismus begreifen kann. Statt dem Krieg einen Sinn zu geben in der Erzählung und im Bild, wird gerade die Sinnlosigkeit, die absurde Fallhöhe von Ideal und Praxis beschrieben, und statt zu zeigen, wie der Krieg Ordnung in den Männerkörper und den Volkskörper bringt, wird gerade das Chaos lustvoll zelebriert. Was den Film anbelangt, so bildet dabei wohl Robert Altmans M*A*S*H ein Modell.

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Die amerikanischen Filme, die dem ersten Irak-Krieg folgten, waren alle eher zynisch als heroisch. Aber sie waren nicht so böse wie Altmans Film, vielleicht, weil dieser Krieg einerseits zwar gerechtfertigt und begrenzt erschien, andrerseits aber in seinen Einzelteilen absurd und irreal erscheinen musste. Der Einzelkämpfer, den der Vietnamkrieg und die Umwandlung der amerikanischen Armee erzeugt hatten, als eine Art militärischer Robocop, bewährte sich einerseits und musste sich andrerseits in der Wüste vollkommen verloren vorkommen.

JARHEAD

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Vielleicht könnte man diese Phase auch als Suche nach einem neuen Pop-Bild des Krieges begreifen. Ein Film wie BLACK HAWK DOWN versuchte, Heroismus und Zynismus zugleich zu produzieren und war gerade darin bedeutend für die weitere Entwicklung.

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Im Weltkriegsfilm war der Soldat Teil einer gesellschaftlichen Bewegung, und es war übrigens wichtig für das Genre des Kriegsfilmes, dass er die gesellschaftlichen Konflikte mit sich schleppte, Rassismus, Standesdünkel, Disziplin versus individuelle Interessen usw.. Im Vietnamkriegsfilm zerfiel die Armee in Einzelkämpfer und kleine verschworene Gruppen, die ihre Kampfmoral nicht mehr einem übergeordneten Ziel sondern ausschließlich individuellen und körperlichen Impulsen verdankte und die nicht mehr in der Fläche sondern sozusagen punktgenau vorgehen. Der zynische Kriegsfilm bestreitet noch diesen Zusammenhang und bürdet allenfalls dem Einzelnen moralische Entscheidungen auf, denen gegenüber das Kollektiv schon versagt hat – siehe etwa THREE KINGS. In BLACK HAWK DOWN ist selbst das noch verschwunden, stattdessen geschieht etwas anderes: Die Distanz zwischen Geschehen und Zuschauen wird aufgehoben: Wir sehen keinen Einzelkämpfer mehr, wir sind Einzelkämpfer, wir sind Subjekte des kriegerischen und körperlichen Geschehens. Der Traum oder Alptraum wird erfüllt: im Kino bin ich mittendrin im Krieg.

BLACK HAWK DOWN

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Diese Erfahrung des Mittendrinseins, des Subjekt-Krieges oder des gepeinigten Ego-Shooters verband Steven Spielberg in SAVING PRIVATE RYAN mit seiner rückschauenden moralischen Fabel.

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Der Soldat in diesen Filmen, bzw. der sich in die Situation geworfene Zuschauer, empfindet sich als Opfer einer überwältigenden sinnlichen und körperlichen Attacke, und die Filme setzen darin etwas fort, was in Francis Ford Coppolas APOCALYPSE NOW begonnen hat: die Erfahrung des Krieges als böser existentieller Drogentrip.

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Der Sinn des Krieges liegt nun also nicht mehr in der Erfüllung im Kollektiv und nicht mehr in der autonomen Behauptung des Männerkörpers und seiner Maschinisierung. Der Sinn des Krieges liegt in der rauschhaften, gewaltsamen Erfahrung einer Totalität des Krieges.

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Diese Entwicklung hat parallel auch im Kinderzimmer stattgefunden. Das bürgerliche Kind spielte am Beginn der Zeit der Weltkriege als eigener Feldherr die großen Schlachten und Paraden mit seinen Zinnsoldaten. Die Elastolin-Soldaten des Faschismus und der Zeit der bundesdeutschen Wiederbewaffnung erschienen dagegen bereits als Individuen mit speziellen Aufgaben. Das spielende Kind wollte nicht mehr der Heerführer sondern der Soldat sein. In den sechziger Jahren war der Soldat nur noch am Rande interessant, das glänzende Gerät füllte nun als Bausatz das Kinderzimmer, die Kinderträume standen im Zeichen der Starfighter und Flugzeugträger. Abgelöst wurde diese Konzeption in den siebziger Jahren durch Heere von Plastiksoldaten mit allerlei schwerem und leichtem Gerät, die einen gewaltigen Spielvorteil hatten. Man konnte sie nach Herzenslust kaputtmachen, man konnte endlich ohne empfindliche Strafe seine Soldaten richtig in den Tod schicken. Der Computer vollzog dann erneut die Wende von großflächigen Strategiespielen mit großem Abstraktionsgrad zum Simulationsflug über Hanoi. Danach durchdrangen sich Spielfabrikation und Militärtraining aufs innigste; was das Computerspiel anbelangt weiß man nicht mehr, ob ein Spiel eine Manöver-Situation simuliert oder eine Manöversituation ein Spiel. Ein Traum oder Alptraum ist demnach die Wiedervereinigung von analogem und digitalem Kriegsspielzeug.

SMALL SOLDIERS

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Beide Irakkriege sind soweit es den Eroberungskrieg anbelangt, nach Strategemen durchgeführt worden, die vorher schon in Computersimulationen erprobt waren. Nicht nur in einem Film wie JARHEAD ist freilich zu sehen, dass eben dies die an dem Krieg beteiligten Menschen vollkommen ins Leere führt. Die Energie dieses Soldaten, der gleichsam unterwegs bemerkt, dass er überflüssig ist, weil alles schon durchgespielt und jede Bombe schon berechnet ist, entlädt sich auf der einen Seite intern – zumindest im ersten Irak-Krieg haben sich mehr Soldaten gegenseitig verletzt als durch die Einwirkung des Feindes – und auf der anderen Seite in Akten terroristischer Folter.

HANOI HILTON

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Auch diese Spaltung hat die Pop-Kultur beschrieben als einen Zerfall der Welt-Wahrnehmung in eine undurchschaubare absurde Technologie, und andrerseits in den barbarischen Rückfall.

AMERICA’S ARMY

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Hervorragende Grafik, realistische Waffen, keine exzessive Gewalt: der für die US-Army entwickelte Ego Shooter „America’s Army“ dient der Werbung und dem Training. Im Militär und im Krieg geht es zu wie im Computergame, suggeriert „America’s Army“. Und wer so das Bild des ‚sauberen Cyberkriegs’ eingepflanzt bekommt, wundert sich nicht mehr über geschönte Fernseh-Kriegsbilder, die Zerstörung, Leid und Tod ausblenden..

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Ein Vorläufer des blutrünstigen Ego Shooters „Doom“, das Pädagogen nachhaltig entsetzt, wurde übrigens vom amerikanischen Militär entwickelt zu keinem anderen Grund, als die Tötungshemmung der Spieler zu überwinden. Die Bereitschaft, auch in der Realität in einer Situation zu töten, in der man nicht persönlich bedroht wird, stieg nach den stolzen Angaben der Entwickler um zwanzig Prozent.

B
Dass der „Krieg gegen den Terror“ im Irak nun kaum noch Bilder des militärischen Apparates, auch nicht mehr viele Bilder des ja immer noch an Sternenkrieger aus STAR WARS erinnernden Soldaten produziert, sondern scheinbar konsequent auf Folter-Bilder hinaus will, scheint daher nur konsequent und einmal mehr, popkulturell vorbereitet.

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Erst mit dieser neuerlichen Wandlung des Soldaten-Bildes vom autonomen Panzerkörper zum empfindenden Kampf-Subjekt ist übrigens die Einschreibung der Frau ins Kriegsbild abzuschließen, die mit Filmen wie GI JANE begann: Statt sich in die Pose der Einzelkämpferin zu begeben, die eher eine komische Parodie abgeben müsste, gelingt es der Frau, sich im sadomasochistischen Männer-Ritual zu bewähren, das vorgeblich dem Training und der Vorbereitung auf den realen Krieg dient.

FULL METAL JACKET

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Im wirklichen Krieg aber ist das entpersönlichte, enthemmte Wesen, das bewusst nicht mehr Mensch sein will, eher der paranoide Rest, so wie umgekehrt die Erfahrung des Krieges für den Heimkehrer ein paranoider Rest ist, die er in die Gesellschaft zurück trägt. Am heimkehrenden Vietnam-Veteranen, der sich wahlweise in den einsamen Ghetto-Rächer, den Polizisten oder den Serienkiller verwandelte, exemplifiziert sich der dritte Job der Pop-Kultur: Nach dem Bild für den Vergangenen Krieg und der Ikonographie für den Umbau zum neuen Krieg geht es um die Bewältigung der Folgen und Spätfolgen.

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Der Vietnam-Veteran schrieb sich noch so einfach wieder ins Team der TV-Serie „A-Team“ ein wie es Captain America nach dem Weltkrieg gelang, sich als Boss der „Avengers“ zu etablieren. Nach dem ersten Einsatz am Balkan war auch die deutsche Armee zum ersten mal nach dem Weltkrieg mit einer Heimkehrerproblematik befasst und damit die deutsche Pop-Kultur mit einer Aufgabe. Sie entledigte sich ihr mit weniger direkter Frivolität als dies in den USA der Fall zu sein pflegt. Alles, was in Deutschland zu einem Problem werden kann, kann auch zu einem Thema in einem „Tatort“ werden. Anders gesagt, das Problem der seelisch und moralisch kaputten Menschen nach dem Balkankrieg wurde hierzulande vor allem in der Form des Kriminalfilms bearbeitet, bei dem es ja konsequenterweise um den Beweis von Schuld oder den Nachweis von Unschuld geht.

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Natürlich hat Pop weitere Aufgaben, die wir hier nicht mehr eingehen können: die Bilder des Feindes zeichnen; der melodramatische body count der Opfer; die Truppenbetreuung.

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Krieg, Körper & Sex…

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Pop-Kultur war in den modernen Kriegen der medialisierte und kollektivierte Teil der „Gruß aus der Heimat“-Beziehung, eine Beziehung zu einem mehr oder weniger virtuellen Ort, an dem Sicherheit und Ruhe wieder zu finden wäre. Das faschistische Wunschkonzert war dafür das erste mediale Großprojekt. Eine andere Antwort war die geschlossene militärische Zeichenwelt, eigene Sender, eigene Zeitungen, eigene Bibliotheken etc. So entstehen Filter und Codes, auch wenn die Sender die selbe Musik spielen und die Zeitungen die selben Comics drucken wie in der zivilen Konkurrenz.

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Mittlerweile hat das Internet offene Kreisläufe ermöglicht: amerikanische Soldaten im Irak speisen ihre subjektiven Perspektiven per Blog ein: Texte, Fotos und Videos als ‚Gruß an die Heimat’. Das Schlachtfeld ist letztlich immer und überall. Als es immer weniger Möglichkeiten gibt, militärische und nichtmilitärische Wahrnehmung auseinander zu halten, ist die Militarisierung des Mainstream umso notwendiger. Und man muss, mit einem Wort aus dem Pentagon, den Krieg wieder sexy machen.

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Weshalb wir uns im übrigen im Kino und im Fernsehen mit einer scheinbar etwas absurden Form des Kriegsfilms auseinander setzen können, nämlich dem nostalgischen, dem re-territorialisierten Kriegsfilm bzw. mit der Renaissance von Sandalenfilmen, in denen zwischen römischen Kohorten und Barbarenhorden noch der strategische Schlachtplan stand.

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Pop träumt einen Krieg, den es nicht mehr gibt. So wie Pop Liebe träumt, die es nicht mehr gibt. Identität, die es nicht mehr gibt. So wie eine Band noch einen Frontmann hat, während die Strategie des alten Mädchens Merkel bereits von den Warlords aus den Bundesländern torpediert wird. Der Fluch von Pop-Krieg und Kriegs-Pop ist es, dass irgendwie alles zum Krieg wird, während der Krieg seine Gestalt verliert. Es gibt einen Streit darüber, was man einen Krieg nennt und was nicht. Die Definition rutscht von den Begriffen in die Bilder.

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Die Codes des Krieges drehen sich nach den Prinzipien von Serie und Überraschung weiter.
Eine Geste gegen den Krieg kann also am Ende nie etwas anderes sein als eine Geste gegen die Bilder. Daher zum Abschied ein Stück von Jean-Luc Godard.

DIE KARABINIERI